Am 24.10.2024 fand die Mitgliederversammlung des Vereins Runder Tisch Rentengerechtigkeit (RTR) in Leipzig statt. Die Versammlung verfolgte das Ziel, eine Information an die Mitglieder zur Arbeit des Vorstandes zu geben, Aufgaben zur Erreichung des Gerechtigkeitsfonds in Vorbereitung der Bundestagswahl zu beraten und festzulegen, die Resolution „34 Jahre Wiedervereinigung – Noch immer grundgesetzwidrige Benachteiligung der Ostrentner“ zu beschließen und zu verabschieden sowie die Gemeinnützigkeit des Vereins durch Änderung der Satzung erneut zu beantragen und zu erreichen.
Im Mittelpunkt stand die Mobilisierung des Vereins in Vorbereitung auf die Bundestagswahl. Priorität hat die Erreichung des Gerechtigkeitsfonds, in dem dieser über die Wahlprogramme der Parteien Einzug in den Koalitionsvertrag hält. In der Information an die Mitgliederversammlung konnte auf eine Vielzahl von Aktivitäten verwiesen werden, die als Grundlage für den Optimismus, den Gerechtigkeitsfonds durchzusetzen, gesehen werden. Die Aktivitäten des letzten Jahres und 2024, insbesondere die Rentenkonferenz in Chemnitz, die Schreiben und Fachgespräche mit der Bundesregierung, u.a. Bundesarbeitsminister Heil, dem Ostbeauftragten C. Schneider, mit Fraktionen und Mitgliedern des Bundestages, die Schreiben und Fachgespräche mit Ministerpräsidenten der ostdeutschen Bundesländer in Vorbereitung Landtagswahlen Sachsen, Thüringen, Brandenburg, Gespräche mit dem Bundesausschuss Arbeit und Soziales und denen mit den Gewerkschaften DGB, EVG, ICBCE wurden gewürdigt und als Ansatzpunkte gesehen, um in der Legislatur der neuen Bundesregierung einen solchen Gerechtigkeitsfonds zu erreichen, auch wenn bisher durch die Regierenden kein Interesse an einer Lösung gezeigt wurde. Die bisherigen Ablehnungen der in den Schreiben vorgebrachten Forderungen, Anliegen und Argumente, die ausweichenden unverbindlichen Antworten und reservierten Verhaltensweisen der Gewerkschaften lassen nur eine Schlussfolgerung zu, weiterzukämpfen und nicht nachzulassen.
Die Einrichtung des Härtefallfonds durch die Bundesregierung, die diesen als Lösung zur Herstellung von Rentengerechtigkeit sieht, wird durch den RTR nicht akzeptiert und abgelehnt. Der Bericht verwies darauf, dass dieser Härtefallfonds und das Rentenanschlussgesetz vom 16.02.2017 die im Rentenüberleitungsgesetz von 2007 verankerte Beseitigung des Rentenunrechts missachtet. Der 2019 aufgelegte Härtefallfonds erbrachte keine Lösung. Er schrieb Rentenunrecht fort. Zum 21.06.2024 wurden 23.904 Anträge gestellt, 949 bewilligt, 4.758 Ablehnung ausgesprochen und 3.260,00 € gezahlt. Dies entspricht in keinster Weise der Anerkennung der Lebensleistung durch erworbene Rentenansprüche der DDR-Bürger. Deshalb wurde die Forderung erhoben: Nur der Gerechtigkeitsfonds kann Lebensleistungen anerkennen.
Im Bericht wurde besonders auf den Brief der beiden Vorsitzenden des Vereins an den Bundeskanzler Olaf Scholz vom 20.08.2024 eingegangen. In diesem Brief, der nachrichtlich auch an den Bundesarbeitsminister Hubertus Heil und den Ostbeauftragten Carsten Schneider ging, forderten sie nachdrücklich eine Lösung für die vom Rentenunrecht betroffenen hunderttausende DDR-Bürger und teilten dem Bundeskanzler mit, dass der Verein die vom Ostbeauftragten am 11.03.2024 gegebene Antwort, dass die Bundesregierung keine Grundlage für die weitere Beratung zu diesem Thema sieht, nicht akzeptieren kann. Im Brief werden dafür ausführliche Begründungen gegeben. An exponierter Stelle wird im Brief dem Kanzler die Frage gestellt: „warum sind in der Bundesrepublik Deutschland Nazi-Täter mehr wert als deutsche Staatsbürger, die ihre Rentenansprüche in der DDR erworben haben“.
Im Antwortschreiben vom 19.09.2024 eines Mitarbeiters des Bundeskanzleramtes verwies dieser auf das Antwortschreiben vom 11.03.2024, dass soweit es um die Schaffung eines Gerechtigkeitsfonds geht, dieses Schreiben als Begründung für die Ablehnung gilt. Im Weiteren befasste sich der Antwortschreiber mit der o.g. genannten Frage. In der Antwort steht: “Zur Einordnung Ihrer Kritik, wonach NS-Täter bessergestellt seien als die von Ihnen vertretenen Berufs und Personengruppen, möchte ich auf Folgendes verweisen: Weder das – mittlerweile aufgehobene – Bundesversorgungsgesetz (BVG) noch das die soziale Entschädigung regelnde Vierzehnte Buch Sozialgesetzbuch (SGB XIV) zielen darauf ab, NS-Täter zu entschädigen.“ Im Weiteren folgen Begründungen, die die „Rechtsstaatlichkeit“ der Behandlung dieser NS-Täter begründen. (Die Briefe können auf der Homepage des Vereins https://www.rundertischrentengerechtigkeit.de/ nachgelesen werden). Die Mitgliederversammlung unterstützte den Vorschlag, dieses Schreiben nicht auf sich beruhen zu lassen. Es wird eine Veröffentlichung des Sachverhaltes in den Medien, insbesondere einer Tageszeitung angestrebt. Es werden diesbezüglich Gespräche mit den Mitteldeutschen Nachrichten aufgenommen.
Abschließend wurde im Bericht nochmals hervorgehoben: Das gemeinsame Ziel ist, dass der Gerechtigkeitsfonds in den Koalitionsvertrag 2024/2025 aufgenommen wird.
Zur Unterstützung dieser Zielstellung wurde die Resolution „34 Jahre Wiedervereinigung – Noch immer grundgesetzwidrige Benachteiligung der Ostrentner“ – Appell an alle im Deutschen Bundestag vertretenen Parteien – angenommen. In der Resolution heißt es: „Es müssen endlich, im 35. Jahr nach der Wiedervereinigung, konkrete Schritte zur Entschädigung der Angehörigen der DDR-Berufs- und Personengruppen beschlossen werden, damit es eine angemessene Wiedergutmachung für die grundgesetzwidrige Aberkennung ihrer gesetzlichen Renten- und Versorgungsansprüche durch die Bundesrepublik gibt. Die Vorschläge des Runden Tischs Rentengerechtigkeit für einen Gerechtigkeitsfonds sind der Bundesregierung und allen Bundestagsfraktionen seit 2019 bekannt.“
Diese Resolution wurde einstimmig angenommen, durch alle anwesenden Mitglieder unterzeichnet und wird an alle im Bundestag vertretenen Parteien verschickt, (die Resolution kann auf der Homepage des Vereins eingesehen werden). Eine Veröffentlichung in den Medien wird angestrebt.
Als eine weitere Maßnahme im Wahlkampf zu den Bundestagswahlen wurde die Durchführung einer Rentenkonferenz 2025 in Berlin beschlossen.
Das Fazit dieser Mitgliederversammlung besteht in dem ungebrochenen Willen der Mitglieder des RTR, für ihr Rentenrecht zu kämpfen. In dieser Hinsicht gibt es gute Ansatzpunkte, unserer Kräfte zu bündeln und gemeinsam gegen das Rentenunrecht zu kämpfen.
Gerald Böhm
Stellv. Vorsitzender
Mitglied des RTR e.V.
RUNDER TISCH
Rentengerechtigkeit
der Berufs-und Fersonengruppcn der DDR
Resolution
,,34 Jahre Wiedervereinigung – Noch immer
grundgesetzwidrige Benachteiligung der Ostrentner! „
Appell an alle im Deutschen Bundestag vertretenen Parteien
Auch im 34. Jahr der Wiedervereinigung gibt es bisher keine Anzeichen, dass die im
Grundgesetz verankerte Herstellung gleichwertiger Lebensverhältnisse in ganz Deutschland in absehbarer Zeit erreicht wird.
Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer unserer Mitgliederversammlung am 24.10.2024 in
Leipzig fordern deshalb alle Parteien im Deutschen Bundestag auf, die Beseitigung noch immer bestehender Ungerechtigkeiten und des Unrechts gegenüber den Ostrentnerinnen und Ostrentnern auf den Weg zu bringen.
Seit Jahren blockieren die Bundesregierungen, insbesondere das Bundessozialministerium und auch der Deutsche Bundestag alle Vorschläge von Gewerkschaften und von Sozial- und lnteressenverbänden, die Schlechterstellung der derzeitigen und auch der künftigen Ost-Rentnergenerationen endlich zu beseitigen. Absichtserklärungen in Koalitionsvereinbarungen werden nicht eingehalten oder so vage formuliert, dass jegliches Vertrauen in die politischen Gremien verloren gegangen ist.
Mit dem sogenannten ,,Rentenüberleitungsabschlussgesetz“ (RÜAG) von 2O17 werden auch künftige Ost-Rentengenerationen durch den Wegfall der Hochwertung der noch immer deutlich niedrigeren Ost-Löhne gravierend benachteiligt. Die ursprünglich mit dem RÜAG versprochene Beseitigung der bei der Rentenüberleitung geschaffenen
Rentenungerechtigkeiten wurde überhaupt nicht angefasst.
Das gravierende Unrecht gegenüber den DDR-Berufs- und Personengruppen besteht noch immer.
Die vom Unrecht Betroffenen fühlen sich ihrer Würde beraubt und haben den Glauben an den Rechtsstaat verloren, zumal sie ja faktisch auch vom,,Härtefallfonds“ aufgrund der
Ausschlusskriterien ausgeschlossen wurden.
Darüber hinaus stellen wir fest, dass die derzeit geplante ,,Rentenreform“ überhaupt keine
wirklichen Aspekte enthält, mit dergesetzliche Rente ausreichend finanziert werden kann und die zukünftigen Rentnergenerationen vor Altersarmut geschützt werden können. Wenn die derzeitige Bundesregierung in der Generaldebatte im Bundestag den jungen Menschen eine stabile Rente garantiert, ist das lediglich ein Versprechen. Sichere Renten wird es nur dann geben, wenn endlich eine grundlegende Rentenreform eingeleitet wird, siehe Österreich, bei der alle Erwerbstätigen, auch die Beamten, die Selbständigen und Abgeordneten der Parlamente in die gesetzliche Rentenversicherung einbezogen werden und auch die Beitragsbemessungsgrenze angehoben wird.
Wir fordern deshalb von den im Deutschen Bundestag vertretenen Parteien:
1. Bei der Erarbeitung der Wahlprogramme für die Bundestags-wahl 2025 sind
Vorschläge für eine wirklich zukunft#ähige Rentenreform zu erarbeiten, damit
auch in Deutschland für alle Beschäftigten künftig sichere und auskömmliche
Renten aus der gesetzlichen Rentenversicherung resultieren.
Es müssen umgehend Maßnahmen eingeleitet werden, die die unterschiedliche
Behandlung von abhängig Beschäftigten und Beamten sowie Selbstständigen bei
Renten/Pensionen beseitigen.
2. Es müssen endlich, im 35. Jahr nach der Wiedervereinigung, konkrete Schritte zur
Entschädigung der Angehörigen der DDR-Berufs- und Personengruppen
beschlossen werden, damit es eine angemessene Wiedergutmachung fü,r die grundgesetzwidrige Aberkennung ihrer gesetzlichen Renten- und Versorgungsansprüche
durch die Bundesrepublik gibt. Die Vorschläge des Runden Tischs
Rentengerechtigkeit für einen Gerechtigkeitsfonds sind der Bundesregierung und
allen Bundestagsfraktionen seit 2019 bekannt.
Die Bundesregierung und alle Parteien des Deutschen Bundestag sind gefordert:
Die oft abgegebenen Erklärungen, alles zu tun, um auch die innere Einheit zu verwirklichen, werden nur dann glaubhaft, wenn auch die soziale Einheit endlich gestaltet wird, die Benachteiligung der Ostdeutschen Rentnerinnen und Rentner beseitigt wird.
Nur das wäre im Sinne der Denkschrift zur Deutschen Einheit!
Leipzig, den24. Oktober 2024